Konzeption und Leitung
Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, Roth-Institut Bremen und Schweiz Dr. Konstantin Broese, Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung der Universität Mainz (ZWW).
Das traditionelle Menschenbild schreibt dem Menschen eine Sonderstellung zu: nur er besitzt Geist, Vernunft und Willensfreiheit und überschreitet damit die Grenzen des Naturgeschehens. Diese seit der Antike vertretene Auffassung scheint durch die Forschungsergebnisse der Evolutionsbiologie und der Neurowissenschaften ins Wanken zu geraten. Aus der Perspektive dieser Ergebnisse besitzt der Mensch nichts, was nicht in Vorstufen bereits bei Tieren vorhanden ist, und auch seine geistigen Tätigkeiten bewegen sich im Rahmen der Naturgesetze und sind hierdurch zumindest im Prinzip erklärbar. Ob das traditionelle Menschenbild tatsächlich durch die Ergebnisse der Evolutionsbiologie und der Neurowissenschaften ins Wanken gerät, ist Gegenstand heftiger Kontroversen.
Weitere schwerwiegende Erschütterungen kündigen sich mit der stürmischen Entwicklung und dem zunehmenden Einsatz „künstlicher Intelligenz“ an. Schon heute gibt es Systeme, deren Leistungen kaum oder gar nicht mehr von denen geist- und intelligenzbegabter Menschen verlässlich unterschieden werden können. Werden wir vielleicht schon bald von solchen Systemen überflügelt und beherrscht werden? Oder gibt es für diese Technik unüberwindbare Grenzen – trotz allen Fortschritts?
Schließlich scheint sich auch das Menschenbild der heutigen globalen Wirtschaft von einer selbstbestimmten, mit Würde ausgestatteten Persönlichkeit wegzubewegen, nämlich in Richtung auf radikale Leistungsoptimierung, etwa im Rahmen eines „agilen Arbeitens“, das nur unter hoher psychischer Belastung der Beteiligten verwirklicht werden kann. Können nur so die großen wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit und der Druck zu ständigem Wandel bewältigt werden? Oder stehen uns auch andere Wege offen, ausgehend vom Menschen und seiner vielleicht unverfügbaren Persönlichkeit?
In unserer Vortragsreihe werden Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen zunächst ihre z.T. sehr konträren Auffassungen darstellen und miteinander diskutieren; gleichzeitig laden wir Sie dazu ein, sich im weiteren Verlauf der Diskussion an dieser zu beteiligen.
Diskussionspartner sind der Psychiater und Philosoph Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs und der Hirnforscher und Philosoph Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth. Prof. Roth gilt als Verfechter eines „naturalistischen“, auf den Erkenntnissen der Neurowissenschaften aufbauenden Menschenbildes, Prof. Fuchs als entschiedener Kritiker einer rein (neuro)biologisch-naturwissenschaftlichen Auffassung des Menschen. Diskussionsleitern ist Frau Christin Selzer.
Wir freuen uns, Sie im Rahmen dieses Gespräches begrüßen zu dürfen! Die weiteren Veranstaltungen zu den oben genannten Themen werden jeweils gesondert angekündigt.